Es gibt bekanntermaßen die Behauptung, dass sich Magie und Technologie irgendwann nicht mehr unterscheiden lassen. Die Behauptung hat nicht nur Isaac Asimov als Gesetz postuliert, sondern auch Larry Niven ausgesagt. Und Gerd Freys aktuellen Titel »Irodis’ Stern« als Fantasybuch einzustufen, wäre ein kardinaler Fehler. Denn auch, wenn die Geschichte unseres Autors zweier Kurzgeschichtensammlungen (»Dunkle Sonne«, »Outpost«) und eines Romans (»Der Übergang«) vor Magie nur so wimmelt – die SF-Elemente sind unübersehbar und der eigentliche Knackpunkt des Romans um wahrlich höchst seltsame und fremdartige Ereignisse und Erscheinungen. Am Ende ist es nicht die Magie, die zur Rettung führt, sondern beinharte SF. Magische SF.
Neuigkeiten
21 Tage träumen
Jörg Weigand ist vielfältig interessiert, motiviert und talentiert. Neben seinen schriftstellerischen und ehedem journalistischen Werken war und ist er auch musikalisch unterwegs. Unsere erste Berührung mit seiner Musik war seine CD »Astropoeticon«, auf der er Gedichte von Herbert W. Franke vertont hat. Die CD ist als Zubehör zum Buch »Der Kristallplanet« (AndroSF 90, SF-Werkausgabe Herbert W. Franke, Band 29) erhältlich, separat findet man sie auf dem Markt derzeit wohl nur antiquarisch.
Jörg Weigands aktuelles Werk »TRAUMTAGE. 21 Lieder nach Rainer Maria Rilke« richtet sich an Musiker, denn es besteht aus Notenblättern, präsentiert im DIN-A4-Format und versehen mit einer klaviertauglichen Wire-O-Bindung.
[VDS] Für Rassismuserkenntnis nicht ausgebildet
Aus dem VDS-Infobrief vom 20.03.2023:
Rassismusvorwurf gegen Abiturlektüre
Eine Ulmer Lehrerin hat eine Petition gegen den Nachkriegsroman „Tauben im Gras“ von Wolfgang Koeppen gestartet, nachdem sie über dessen häufigen Gebrauch des „N-Worts“ erschrocken und schockiert war. Als selbst von Rassismus Betroffene bezeichnet sie diese Wortwahl als Ausdruck der Unterdrückung und Entmenschlichung, die einen unmittelbaren Angriff auf ihre Menschenwürde darstelle. Das Land Baden-Württemberg begründet die Auswahl des Werks als Pflichtlektüre unter anderem damit, dass auch der beschriebene Rassismus in der Schule thematisiert werden solle. Dem widerspricht die Literaturprofessorin Magdalena Kißling von der Universität Paderborn: Die Lehrkräfte sollten das zwar vermitteln, seien aber oft nicht dafür ausgebildet, Rassismus in der Literatur zu erkennen: „Es gibt zu wenig Sensibilität dafür, was die Macht von Sprache ausmacht, und da werden Erfahrungsberichte zu wenig ernst genommen.“ Außerdem seien entsprechende Konzepte für den Unterricht noch nicht ausgereift genug, sagt Kißling. Die Lehrerin möchte das Buch in der Schule nicht behandeln und hat darum vorerst einen Antrag auf Beurlaubung gestellt. Für die Zukunft hofft sie, dass der Unterricht bald zu einem „sicheren und rassismusfreien Ort für alle“ werde. (swr.de)
Und der Kommentar dazu:
Böse Literatur
Wie uns der Fall in Ulm lehrt, stehen die gymnasialen Lehrkräfte unter Verdacht, sie seien nicht dafür ausgebildet Rassismus in der Literatur zu erkennen. Für die Macht von Sprache seien sie zu wenig sensibel. Zudem seien entsprechende Konzepte für den Unterricht „noch nicht ausgereift genug“. Daraus folgt messerscharf, dass Bücher wie Koeppens „Tauben im Gras“ zu meiden sind wie die Pest. Zwar stellt sich dem laienhaften Elternteil ganz nebenbei die Frage, was Germanisten und Anglisten für das Lehrfach so lernen, wenn nicht den Umgang mit der Sprache und ihren Abgründen, aber dieser Einwand lenkt ab vom Wesentlichen: Also ist das Wahre, das Gute und Schöne demnach auf keinen Fall der bösen Literatur – die das Reale, das Hässliche schon mal beim Namen nennt – zu entnehmen? Eine rassismusfreie Welt entsteht durch Desinfektion der Sprachen? Und solchen Blödsinn glauben erwachsene Menschen? (Oliver Baer)
[VDS] Der Infobrief vom 20.03.2023
Schon wieder der Zeit hinterher, deshalb hier gleich der Link zum Inhalt. Und wie immer sind die lesenswertesten Beiträge rot markiert.
Der Inhalt:
1. Presseschau
• Coronasprache im Fluss
• Rassismusvorwurf gegen Abiturlektüre
• Sprachenlernen für Erwachsene
• Orthographie noch von Bedeutung
2. Gendersprache
• Volksbegehren in Baden-Württemberg
• Jahrestagung des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache
3. Sprachspiele: Unser Deutsch
• Schanigarten
4. Kultur
• Glück auf, Glück auf!
• Besorgnis um deutsche Dialekte
• „Leicht Kicken“ – Fußball in leichter Sprache
• Generation Z und die digitale Jugendsprache
• Plastikeule macht Lust aufs Lesen
5. Kommentar
• Böse Literatur
6. Termine
Hinterm Mond 2023
Hinterm Mond 2023
4. Tag der Science-Fiction-Literatur in Ostfriesland
im Kulturspeicher in Leer
Sonnabend, 7. Oktober 2023, 15 Uhr
mit Thorsten Küper, Aiki Mira, Jol Rosenberg und Gerhard Wiechmann.
Zum vierten Mal wird der Kulturspeicher in Leer/Ostfriesland bei »Hinterm Mond 2023« zum Treffpunkt von Science-Fiction-Fans aus ganz Deutschland. Den 4. Tag der SF-Literatur am Sonnabend, 7. Oktober, gestalten Thorsten Küper (Herne), Aiki Mira (Hamburg) und Jol Rosenberg (Berlin), die aus ihren Werken lesen werden, sowie Gerhard Wiechmann (Oldenburg), der einen Vortrag über Reichsflugscheiben und Nazi-Ufos halten wird.
Veranstalter von »Hinterm Mond« ist der Journalist Norbert Fiks. Er hat seine zahlreichen Kontakte ins deutsche Science-Fiction-Fandom genutzt, um ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine zu stellen. Dieses Mal wird aktuelle SF deutscher Autorinnen und Autoren mit einem historischen Thema in Kontrast gesetzt.
»Hinterm Mond 2023« im Kulturspeicher in Leer beginnt am Sonnabend, 7. Oktober, um 15 Uhr. Karten zum Preis von 15 Euro können online unter blog.fiks.de/hinterm-mond bestellt werden.
Thorsten Küper, Jahrgang 1969 und im Hauptberuf Lehrer in Herne, schreibt seit Anfang des Jahrtausends Kurzgeschichten für Anthologien und Magazine wie Nova, Exodus, c’t und Spektrum der Wissenschaft. Mehr als 20 Mal wurde er für den Kurd-Laßwitz-Preis und den Deutschen Science-Fiction-Preis nominiert. 2019 gewann er die beiden begehrten Preise mit seiner Kurzgeschichte »Confinement«. Thorsten organisiert seit 2010 mit seiner Frau Kirsten Riehl virtuelle Lesungen in Second Life, bei denen bisher rund 250 Schriftsteller, Verleger, Herausgeber, Künstler und Musiker aufgetreten sind. Gemeinsam mit Frederic Brake moderiert er die Fantastiktalkshow »Talkien«, zu sehen unter www.youtube.de/BrennendeBuchstaben.
Aiki Mira lebt in Hamburg und – nach eigenen Angaben – in der Science-Fiction. Gleich drei Storys von Aiki wurden 2022 für den Deutschen Science-Fiction-Preis und für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert. Das hat vorher niemand geschafft. Mit der Story »Utopie27« gewann Aiki beide Preise. Zusammen mit den beiden Künstlern Uli Bendick und Mario Franke gab Aiki die Anthologie »Am Anfang war das Bild« heraus, die 2022 ebenfalls für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert war und den zweiten Platz erreichte. Im zu Ende gehenden Jahr 2022 erschienen zudem zwei SF-Romane von Aiki: »Titans Kinder. Eine Space-Utopie« sowie »Neongrau. Game Over im Neurosubstrat«. Im Web: www.aikimira.webnode.page
Aiki Mira – Foto: Aiki Mira
Jol Rosenberg landete 1976 auf der Erde und lebt in Berlin. Jol bloggt auf www.jol-rosenberg.de mit dem Schwerpunkt deutsche Science-Fiction und schreibt vorwiegend in diesem Genre. Kurzgeschichten erschienen in Anthologien und Zeitschriften, unter anderem in Queer*Welten, c’t und der Anthologie Future Work. Jols Romandebüt »Das Geflecht. An der Grenze« erschien im Herbst 2022 im Verlag ohneohren, darauf folgt im Herbst 2023 – und hoffentlich rechtzeitig zu »Hinterm Mond 2023« – ein Roman-Zweiteiler, ein Hope-Punk-Werk, beim Verlag Plan9. Jols Markenzeichen: der Hut.
Gerhard Wiechmann, Lehrbeauftragter an der Carl-von-Ossietzky-Universität, ist Experte für Militär-, Marine- und Filmgeschichte mit einem Faible für die Science-Fiction und speziell der SF-Filme der DDR. »Perry Rhodan« war die Einstiegsliteratur, mit Claus Ritters »Kampf um Utopolis« von 1989 begann sein historisches Interesse an SF. 2022 wurde Gerd nicht nur über Konzepte deutscher »asymmetrischer« Kriegführung im 19./20. Jahrhundert habilitiert, sondern es wurde auch sein Buch »Von der deutschen Flugscheibe zum Nazi-UFO« veröffentlicht, das sich mit den »Metamorphosen eines medialen Phantoms« befasst. Möglicherweise wird das Thema ausgebaut unter dem Aspekt einer Geschichte der Military-SF.
»Hinterm Mond 2023 – 4. Tag der Science-Fiction-Literatur in Ostfriesland« wird veranstaltet von Norbert Fiks, Wagnerstraße 25, 26789 Leer.