Schwester, Bruder oder Kind?

Über die Familienverhältnisse zwischen p.machinery und dem SF-Magazin NOVA machen wir uns freilich keine Gedanken – wozu auch? NOVA ist ein p.machinery-Baby, und nur weil NOVA eine eigene Website hat, heißt das nicht, dass wir nicht drüber schreiben, wenn eine neue Ausgabe erschienen ist. Wie es nun der Fall ist. Details zur Ausgabe 29 finden sich hier. Oder wer nicht weiterklicken mag, kann auch hier gleich weiterlesen:

Michael K. Iwoleit & Michael Haitel (Hrsg.)
NOVA Science-Fiction
Ausgabe 29
p.machinery, Winnert, August 2020, 220 Seiten, Paperback
ISSN 1864 2829
ISBN 978 3 95765 205 8 – EUR 16,90 (DE)
E-Book: ISBN 978 3 95765 885 2 – EUR 8,49 (DE)

Die Storys, wie immer vom Feinsten:
* Tino Falke: Im Bärental
* T. Elling: Die letzte Jungfrau
* Tom Turtschi: Die Pinocchio-Abteilung
* J. A. Hagen: Das Ebenbild
* Moritz Greenman: Spiegelzeit
* Uwe Post: … und mir wird nichts mangeln
* Frank Hebben: Am letzten Tag
* Norbert Stöbe: Expedition 13b/Regalis
* Peter Stohl: Keine Maßnahmen erforderlich
* Martin Wambsganß: Geifer

Mit einer Gaststory aus Kanada von
* Louis B. Shalako: Anna

Der Sekundärteil mit dem Schwerpunkt Simulationshypothese:
* Thomas A. Sieber: Die ultimative Verschwörungshypothese
* Erfan Kasraie: Science-Fiction, philosophische Hypothese oder Bullshit? Eine philosophische Untersuchung der Simulationshypothese
* Fabian Vogt: Die beste aller Simulationen. Ein theologischer Streifzug durch die Möglichkeit der Wirklichkeit
* Wolfgang Mörth: Die Gummiwelt-Illusion

Mit Nachrufen auf:
* Karl Smith: Erinnerung an Syd Mead 1933–2019
* Cory Doctorow: RIP Mike Resnick

sowie einem Vorwort vom Verleger, einem Geständnis des Grafikredakteurs, einem Titelbild von Lothar Bauer und Illustrationen von Gerd Frey, Christian Günther, Detlef Klewer, Victoria Sack, Christine Schlicht, Si-yü Steuber und Michael Wittmann.

Interessante Verbindungen

Selten gab es einen sogenannten Klappentext (der ja eigentlich auf der Buchrückseite steht, also ein Buchrückseitentext ist), der so klar, eindeutig und ehrlich war:

»Was hat Zukunft mit der Vergangenheit zu tun?
Was haben Heimat und SF gemeinsam?
Welche Zukunft hat Heimat?
Und kann Zukunft zur Heimat werden?
Mit diesem Buch will ich keine Antworten geben, sondern zum Nachdenken anregen und zum Widerspruch inspirieren!«
[Mike Weisser]

Die zentrale Frage, was Heimat und SF gemeinsam haben, wird auf interessante und mitunter überraschende Weise beantwortet.

Unser drittes Audiobook

Unserem neunundneunzigsten AndroSF-Titel wurde ein Audiobook (vulgo: Hörbuch) gegönnt:

Axel Kruse
LVDOWIGVS von Lüttelnau
AndroSF 99
p.machinery, Winnert, Juli 2020, 118 Seiten
ISBN 978 3 95765 203 4 – EUR 7,99 (DE)

Sprecherin: Linda Mikulec
Produktion: Oliver Kels Music, Korschenbroich
Laufzeit: 190 Min. (3:10:30)

Wenn das Wasser steigt …

… sollte man wissen, mit welchem Verkehrsmittel man unterwegs ist. – Ja, diese Einleitung hat mit dem Buch »Land unter« von Dieter Rieken eigentlich nichts zu tun. Oder doch. Naja, nicht viel. Obwohl, vielleicht …

Wie auch immer: Die Geschichte ist eine Mischung. Sie hat ein eindeutiges SF-Element: Dank eines massiven Anschlags sind die Deiche gebrochen und Norddeutschland ist abgesoffen. Nicht ganz. Aber großteils. Jedenfalls so, dass es nicht mehr wirklich bewohnbar ist. Oder doch.
Grund ist der Aktienmarkt. Geldgier. Gier überhaupt. Aktienmanipulationen. Dubiose Geschäfte. Gemacht von Leuten, die solche dubiosen Geschäfte eben machen. Damit die Manipulationen allerdings funktionieren, musste man ein wenig SF machen. Deiche sprengen, Norddeutschland absaufen lassen.
Und was dabei rauskam, das steht in diesem Roman, der sich nicht so richtig einordnen lässt. SF, Krimi, Heimatroman? Nix von allem, und doch von allem etwas. Oder so.

Auf jeden Fall können wir die Lektüre empfehlen. Locker, leicht. Fluffig. Amüsant.
Aber klar, das machen die meisten Verlage. Empfehlen. Und so.

Einer deutschen Legende zum Hundertsten

»Unser Walter« … Über die Odyssee, die dieses Buch hinter sich gebracht hat, könnte man sicherlich noch mehr schreiben. Voraussetzung dafür wären mehr Details. Oder ein vollständigerer Schriftverkehr von Wolfgang Thadewald mit dem einen oder anderen Beteiligten. Das alles ist eigentlich nicht nötig, und so hat sich der Herr Verleger in seinen »Vorbemerkungen« kurz gefasst:

Einige Worte zur Historie dieses Buches sind sicherlich angebracht, nicht zuletzt wegen eines Teils der Texte, die sich auf den Tod Walter Ernstings im Jahre 2005 beinahe in Form eines Nachrufes beziehen, jedenfalls aber Erinnerungen – sic! – darstellen.
Im März 2013 schrieb mir Wolfgang Thadewald erstmals von seinem Buch, das auf einer Idee von Jörg Weigand basierte und ursprünglich mit dem EDFC realisiert werden sollte. Jörg Weigand beendete seine Arbeit nicht, bat Wolfgang, weiterzumachen. 2010 gab es ein Angebot von Kurt Kobler vom TCE, das Buch umzusetzen, sodass Wolfgang seine Arbeiten beendete und die Materialien 2011 ablieferte.
Und wieder verging Zeit. Es liegt ein Fanzineentwurf – Wolfgang Thadewald hatte sich ursprünglich ein Fanzine vorgestellt – des TCE mit einem Vorwort aus dem Jahre 2013 vor. Das Fanzine wurde so offensichtlich nicht realisiert. Ein Teil des Materials erschien im TCE-Fanzine »Paradise«, in der Ausgabe 89, wie Wolfgang Thadewald mir schrieb.
Letztendlich übernahm ich von Wolfgang die Aufgabe, das Buch zu erstellen. Ich suchte und fand in Ulrich Blode einen (Co-) Herausgeber, der das Material noch einmal sichtete, ordnete und in Form brachte.
Und während Ulrich seine Arbeit machte, starb Wolfgang Thadewald am 1. Dezember 2014.
Und wieder verging Zeit. Viel Zeit. Anfang 2015 war Ulrich Blode fertig – und ich wusste nicht so recht, wie ich das Buch realisieren sollte. Irgendwie schien mir der Boden unter den Füßen zu fehlen.

Dass das Buch nun doch erscheint, ist Kurt Kobler zu verdanken, der mich darauf hinwies, dass Walter Ernsting am 13.06.2020 seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Ein guter Grund, endlich durchzustarten – auch wenn der Geburtstag als Erscheinungstermin so nicht mehr zu realisieren ist. Aber der Juni 2020 sollte machbar sein …

Und in der Tat ist es so. Das Buch wird in den nächsten Tagen als Print (PoD) und E-Book über die üblichen Internetverdächtigen zu bekommen sein. Die p.machinery-Druckauflage dauert ein paar Tage länger; wir rechnen mit zwei Wochen von heute an.

Menschenrecht Wasser

Die Idee zum Buch basiert eigentlich nur auf einem Musikstück: dem Chicks-on-Speed-Remix von Malarias »Kaltes klares Wasser«:

malaria vs chicks on speed kaltes klares wasser

Das allein reicht kaum aus, ein Buch zu rechtfertigen. Beim Thema Wasser gibt es jedoch einen Hintergrund, der das Thema zu einem dankbaren Ansatz macht: Wasser als Menschenrecht, richtiger: der Zugriff auf Wasser als Menschenrecht. Eine Problematik, die sich weltweit stellt, nicht nur in Dritte-Welt-Ländern, wo das Problem durch grundsätzliche Verfügbarkeit, aber auch durch schlicht und ergreifend widersinnige Privatisierung der sowieso eingeschränkten Vorkommen besonders deutlich hervortritt, nein, auch in den sogenannten »westlichen Zivilisationen« – hier bei uns: die EU – ist Wasser heute noch eine Selbstverständlichkeit: Wasser trinken, mit Wasser waschen und duschen, Wasser im Garten, Wasser verschwenden … – ist das Thema Wasser und dessen Verfügbarkeit zunehmend akut. Und der Tenor der Geschichten in diesem Buch hat nicht nur etwas mit den negativen Auswirkungen des Klimawandels auf das Wasser der Welt zu tun – ganz im Gegenteil.

Es war eine Empfehlung

Genau das war es. Eine Empfehlung von René Moreau, einem der EXODUS-Macher. Der empfahl einen Roman mit dem seltsam anmutenden Titel »Fonpo«, von einem Autor namens Heribert Kurth, den René bestens kennt. Also die altbekannte Schiene mit »jemandem, der jemanden kennt, der jemanden kennt« …

Ganz so ist es natürlich nicht. Renés Empfehlung war selbstverständlich ernst gemeint, und Heribert Kurth, der Autor, erwies sich als ungeduldig geduldig. Er hielt Kontakt, machte aber keinen Stress. Und er bekam, was er verdiente: sein Buch.

Die Geschichte fällt eindeutig aus dem Rahmen. Es ist keine Actionstory, es ist keine Space Opera, Military SF sowieso nicht, nichts dergleichen. Es ist im Grunde nicht mehr und nicht weniger als das, was der Klappentext andeutet: die Menschheitsgeschichte. Und ihre Hintergründe. Der Plot hat einen deutlich erkennbaren philosophischen Anteil, und wenn der nicht für sich alleine wirkt, dann könnte er eine ganze Reihe von Ansatzpunkten für weitere Romane – gerne auch von anderen Autoren – liefern. Eine Entwicklung, die wir beobachten werden.

Für den Augenblick zählt für uns aber vor allem, dass wir mit »Unter den Sternen von Tha« ein außergewöhnliches Buch eines geheimnisvollen Autors* präsentieren dürfen.

* Wir wissen seinen Namen und seine E-Mail-Adresse, seine Postanschrift – und mehr auch nicht. Er findet, sein Roman stünde im Mittelpunkt – nicht er. Auch eine Sichtweise. Die wir natürlich honorieren.

Das Jahr des STORY CENTER (Part I)

Ewigkeiten. Solche sind bei manchen STORY-CENTER-Anthologien vergangen. Aber 2020 wird das Jahr des STORY CENTER. Versprochen.

Den Anfang macht »NUMMERN«, ein STORY CENTER, das bereits 2012 (!) ausgeschrieben wurde – vor mehr als acht Jahren. Damals gab es noch die Idee, jedes Jahr ein STORY CENTER herauszubringen, aber das wurde schnell aufgegeben. Und so dauerte es … und dauerte …
Schließlich nahmen sich Marianne Labisch und Galax Acheronian – beide auch mit eigenen Geschichten vertreten – der Sache an, und dann lag es nur noch am Verleger. Herausgekommen sind acht Geschichten – darunter zwei Werke, die umfangreicher ausgefallen sind –, deren Autoren durchaus erfolgreich versucht haben, die Aufgabenstellung der Ausschreibung zu bewältigen. Und einfach war das nicht, denn es ging um nicht weniger als 1, 9, 11, 20, 300 und 2020. Unter der langen Zeit haben die Geschichten jedenfalls nicht gelitten – und acht Autoren haben gezeigt, dass man auch mit ausgefallenen Herausforderungen fertig werden kann.

Knapp verpasst – und doch getroffen

2019 wäre das bessere Jahr für die Veröffentlichung dieser Anthologie gewesen. Das Erscheinungsjahr von Orwells »1984« war 1949, es wären also siebzig Jahre gewesen. Und das Handlungsjahr 1984 wäre fünfunddreißig, nicht sechsunddreißig Jahre her gewesen. Trotzdem behaupten wir am Anfang des Buches, wie eine Widmung formuliert, 2020 sei ein guter Zeitpunkt für die Veröffentlichung.

Gut. 35, 36, 70, 71. Wir haben da was Nettes verspielt. Aus Zeitgründen, wie immer. Aber in dem Buch geht es auch nicht um nette Dinge, es finden sich keine netten Geschichten, es gibt keine Happy Ends (oder haben wir eines übersehen), aber doch immer noch ein Fünkchen Hoffnung. Denn es gilt, den Anfängen zu wehren – und das bezieht sich bei Weitem nicht nur und vor allem nicht auf Rechtspopulisten und Nazis, aber durchaus auf Formen von Faschismus, die wir teilweise noch gar nicht realisieren.

1984 ist real. Es war 1984 real, in dem Jahr, als alle Orwells Roman feierten. Es ist 2019 so real, wie es 2020 auch der Fall ist. 1984 ist immerdar – und wir sind immer gefordert, uns dagegen zu wehren.

»ZWEITAUSENDVIERUNDACHTZIG« ist Science-Fiction. Hoffentlich. Möglicherweise. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.