Herbert W. Franke ist von uns gegangen — und manch einer mag Zweifel gehabt haben, aber es darf als sicher angenommen werden, dass wir die »SF-Werkausgabe Herbert W. Franke« zu Ende bringen werden. Dieser Tage geht es bereits weiter:

Herbert W. Franke ist von uns gegangen — und manch einer mag Zweifel gehabt haben, aber es darf als sicher angenommen werden, dass wir die »SF-Werkausgabe Herbert W. Franke« zu Ende bringen werden. Dieser Tage geht es bereits weiter:

Haus- und Hofverlag einer Schriftstellerin zu sein, birgt eine Verpflichtung in sich. Gabriele Behrend indes ist eine Schriftstellerin, die es einem Verlag wie dem unseren einfach macht, der Verpflichtung nachzukommen, die Ansprüche zu erfüllen, ein guter Partner zu sein. Denn was die Autorin aktuell abliefert, gehört im Bereich Science-Fiction in eine ganz besondere Ecke. Wir würden sie als »Psycho-SF« bezeichnen, vielleicht auch als »psychedelische SF« — oder beides. Der aktuelle Roman jedenfalls steht in einer Tradition, die Gabriele Behrend schon mit »Salzgras & Lavendel« begonnen hat. Einmal mehr geht es »im Schatten der Hydrangea« um eine Geschichte, die mit dem Geist, der Psyche eines Menschen zu tun hat, die sich hier sogar vorrangig im Geist einer Frau, einer wachkomatösen Selbstmörderin abspielt, wo versucht wird, die Patientin zur Rückkehr in die wirkliche Welt zu überzeugen. Und das Vorhaben lässt sich nicht nur wegen der Patientin nicht ganz so einfach umsetzen — da spielen auch die Absichten eines Therapeuten eine große Rolle. — Spannung mit Anspruch und Tiefgang, kurz: Gabriele Behrend.

Eine gute Buchreihe zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass jeder Band den Käufer und späteren Leser zu fesseln und schon für den nächsten Band zu interessieren weiß, sondern auch dadurch, dass jeder Band gegebenenfalls als eigenständiges Buch zu lesen ist, sodass kein Käufer und Leser sich bemüßigt fühlt, mehr Geld ausgeben zu müssen, als er für nötig und sinnvoll erachtet. Bernhard Kempens sogenannte Greedy-Romane, die erotisch angehauchten und durchwirkten Geschichten aus seinem Xenosys-Universum, erfüllen beide Kriterien gleichermaßen.
Selbstverständlich muss man die eindeutigen Anspielungen in seinen leicht als Erotik-SF einzustufenden Werken mögen — es gibt ja auch unter SF-Fans einen statistisch nachvollziehbaren Hang zur Prüderie –, aber Bernhard Kempen schreibt deutlich feinsinniger als plakativ, und auch wenn wir die Romane vorsichtshalber »ab 18« einstufen (müssen), so sind sie auch durchaus für die heutige Jugend unter 18 Jahren geeignet, ohne einen Verhaltensschaden zu hinterlassen.
Immerhin aber kann man auch den vierten Band seiner Greedy-Xenosys-Romane als eigenständiges Werk lesen. Was aus den Vorgängerbänden von Bedeutung ist, wird hinreichend ausführlich erwähnt; ansonsten kann man sich ganz der aktuellen Handlung widmen, die einmal mehr nicht nur aus zweideutigen Andeutungen besteht, sondern durchaus Stringenz und ordentliche Spannung vorweist.
Sicher ist auf jeden Fall: Bernhard Kempen liefert gute Unterhaltung: spannend, spritzig, amüsant, einfach unterhaltend.

Als Alfred Vejchar, der spätere Herausgeber, mit der Idee eines Buches an uns herantrat, das sich mit der Geschichte und dem Ist-Zustand des österreichischen SF-Fandoms beschäftigen würde, war ohne Frage klar, dass wir dieses Buch verlegen würden — natürlich in der Reihe »AndroSF« und damit »für den SFCD«. Und nicht nur das — die Gelegenheit war günstig, etwas mehr für den SFCD zu tun, und so erwies sich Thomas Recktenwald, derzeitiger Vorsitzender des Science Fiction Club Deutschland (SFCD, www.sfcd.eu) ohne große Diskussionen für die weitergehende Idee offen, das Buch auch als Ausgabe 158 des ANDROMEDA SF MAGAZIN des SFCD zu veröffentlichen. Denn immerhin haben die Österreicher schon immer eine Rolle im SFCD gespielt, und immerhin hat das österreichische SF-Fandom (wie übrigens auch das Fantasy-Fandom, Stichwort FOLLOW) eine deutliche stärkere Verbindung zum deutschen SF-Fandom als zum Beispiel das schweizerische. Was nicht nur an der Zahl der SF-Fans hüben wie drüben liegen dürfte.
Ein Hinweis: SFCD-Mitglieder erhalten dieses Buch als ANDROMEDA SF MAGAZIN 158 im Rahmen ihres Mitgliedsbeitrages. Österreichische Interessenten können das Buch auch über Alfred Vejchar beziehen, wenn sie möchten.


Hinterm Mond 2023
4. Tag der Science-Fiction-Literatur in Ostfriesland
im Kulturspeicher in Leer
Sonnabend, 7. Oktober 2023, 15 Uhr
mit Thorsten Küper, Aiki Mira, Jol Rosenberg und Gerhard Wiechmann.
Zum vierten Mal wird der Kulturspeicher in Leer/Ostfriesland bei »Hinterm Mond 2023« zum Treffpunkt von Science-Fiction-Fans aus ganz Deutschland. Den 4. Tag der SF-Literatur am Sonnabend, 7. Oktober, gestalten Thorsten Küper (Herne), Aiki Mira (Hamburg) und Jol Rosenberg (Berlin), die aus ihren Werken lesen werden, sowie Gerhard Wiechmann (Oldenburg), der einen Vortrag über Reichsflugscheiben und Nazi-Ufos halten wird.
Veranstalter von »Hinterm Mond« ist der Journalist Norbert Fiks. Er hat seine zahlreichen Kontakte ins deutsche Science-Fiction-Fandom genutzt, um ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine zu stellen. Dieses Mal wird aktuelle SF deutscher Autorinnen und Autoren mit einem historischen Thema in Kontrast gesetzt.
»Hinterm Mond 2023« im Kulturspeicher in Leer beginnt am Sonnabend, 7. Oktober, um 15 Uhr. Karten zum Preis von 15 Euro können online unter blog.fiks.de/hinterm-mond bestellt werden.
Thorsten Küper, Jahrgang 1969 und im Hauptberuf Lehrer in Herne, schreibt seit Anfang des Jahrtausends Kurzgeschichten für Anthologien und Magazine wie Nova, Exodus, c’t und Spektrum der Wissenschaft. Mehr als 20 Mal wurde er für den Kurd-Laßwitz-Preis und den Deutschen Science-Fiction-Preis nominiert. 2019 gewann er die beiden begehrten Preise mit seiner Kurzgeschichte »Confinement«. Thorsten organisiert seit 2010 mit seiner Frau Kirsten Riehl virtuelle Lesungen in Second Life, bei denen bisher rund 250 Schriftsteller, Verleger, Herausgeber, Künstler und Musiker aufgetreten sind. Gemeinsam mit Frederic Brake moderiert er die Fantastiktalkshow »Talkien«, zu sehen unter www.youtube.de/BrennendeBuchstaben.
Aiki Mira lebt in Hamburg und – nach eigenen Angaben – in der Science-Fiction. Gleich drei Storys von Aiki wurden 2022 für den Deutschen Science-Fiction-Preis und für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert. Das hat vorher niemand geschafft. Mit der Story »Utopie27« gewann Aiki beide Preise. Zusammen mit den beiden Künstlern Uli Bendick und Mario Franke gab Aiki die Anthologie »Am Anfang war das Bild« heraus, die 2022 ebenfalls für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert war und den zweiten Platz erreichte. Im zu Ende gehenden Jahr 2022 erschienen zudem zwei SF-Romane von Aiki: »Titans Kinder. Eine Space-Utopie« sowie »Neongrau. Game Over im Neurosubstrat«. Im Web: www.aikimira.webnode.page
Jol Rosenberg landete 1976 auf der Erde und lebt in Berlin. Jol bloggt auf www.jol-rosenberg.de mit dem Schwerpunkt deutsche Science-Fiction und schreibt vorwiegend in diesem Genre. Kurzgeschichten erschienen in Anthologien und Zeitschriften, unter anderem in Queer*Welten, c’t und der Anthologie Future Work. Jols Romandebüt »Das Geflecht. An der Grenze« erschien im Herbst 2022 im Verlag ohneohren, darauf folgt im Herbst 2023 – und hoffentlich rechtzeitig zu »Hinterm Mond 2023« – ein Roman-Zweiteiler, ein Hope-Punk-Werk, beim Verlag Plan9. Jols Markenzeichen: der Hut.

Jol Rosenberg – Foto: Steffie Rose
Gerhard Wiechmann, Lehrbeauftragter an der Carl-von-Ossietzky-Universität, ist Experte für Militär-, Marine- und Filmgeschichte mit einem Faible für die Science-Fiction und speziell der SF-Filme der DDR. »Perry Rhodan« war die Einstiegsliteratur, mit Claus Ritters »Kampf um Utopolis« von 1989 begann sein historisches Interesse an SF. 2022 wurde Gerd nicht nur über Konzepte deutscher »asymmetrischer« Kriegführung im 19./20. Jahrhundert habilitiert, sondern es wurde auch sein Buch »Von der deutschen Flugscheibe zum Nazi-UFO« veröffentlicht, das sich mit den »Metamorphosen eines medialen Phantoms« befasst. Möglicherweise wird das Thema ausgebaut unter dem Aspekt einer Geschichte der Military-SF.
»Hinterm Mond 2023 – 4. Tag der Science-Fiction-Literatur in Ostfriesland« wird veranstaltet von Norbert Fiks, Wagnerstraße 25, 26789 Leer.
Dominik Irtenkauf, geb. 1979 im Remstal, ist freier Wissenschafts- und Kulturjournalist und Autor in Berlin. Er studierte an der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster Germanistik, Philosophie und Komparatistik. 2007 verbrachte er im Rahmen eines MUSA-Stipendiums des georgischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft drei Monate in Tbilissi (Georgien). 2017 führte ihn ein FONDS-Stipendium der Kulturstiftung des Bundes für eine Recherchereise nach Botswana und Namibia. Er schreibt regelmäßig für »Das Science Fiction Jahr«, »Telepolis«, »Raumfahrt Concret«, »Zukunft. Diskussionszeitschrift für Politik, Gesellschaft und Kultur« (Österreich) u. a. Gemeinsam mit Hardy Kettlitz (Memoranda Verlag) betreibt er den Memoranda Science Fiction Podcast (www.memoranda.eu/?page_id=1188). Seine Interessen beziehen sich auf Climate Fiction, Erkundung des Weltraums, Hermetik als Kunst & Philosophie, Science-Fiction (Studies), Theory Fiction, planetare Ökologie, anthropologische Aspekte der Popkulturen (www.anthropop.de).
Dominik Irtenkauf ist nun Redakteur der Sparte »NOVA Sekundär«.
Ellen Norten ist keine Unbekannte in unserem Programm — ganz im Gegenteil. Aber wenn sie sich nicht gerade mit dem Werk des Hubert Katzmarz beschäftigt oder Kurzgeschichtenanthologien herausgibt, sind Kurzgeschichten auch das Metier ihres eigenen schriftstellerischen Schaffens. Mit »Jamila tanzt!« legt sie ihren ersten Roman in unserem Programm vor — und bei diesem Werk handelt es sich um das zweite Buch, das wir der »magischen Science-Fiction« zuordnen. Aber während Gerd Frey in seinem »Irodis’ Stern« den Leser nett, freundlich und pfleglich behandelt, gönnt sich Ellen Norten nach einem regelrechten Parforceritt durch die magischen Universen einen bösen Tritt in die Kniekehlen desjenigen Lesers, der das Werk für einen 0815-Fantasyroman hält. Aber keine Bange — den Fehler macht man nur einmal …

Auch wenn der Titel des neuen Buches unserer Autorin Gabriele Behrend es suggeriert: Glück verdirbt nicht. Nicht als solches, nicht den Charakter, nicht die Gesellschaft. Obwohl … Gabriele Behrends Werk über »Die vom Glück Verdorbenen« beschreibt Menschen in einer Gesellschaft, in der die Abkehr von industriell hergestellter Nahrung tatsächlich zu Glücksgefühlen führen kann. Aber nicht muss. Denn der Weg dahin ist nicht einfach, sondern steinig — und wie im wirklichen Leben mitunter von Gewalt beeinträchtigt.
In der Tat ist ihre Geschichte durchaus Weitergedachtes unserer modernen Welt, in der Vegetarier und Veganer die (vermeintlich?) glücklicheren Menschen zu sein scheinen, wiewohl sie letztlich unter den gleichen Problemen zu leiden haben wie die »Normalofleischfresser« mit Hang zu Chips und Schokolade. Denn die industrielle Produktion von Nahrungsmitteln macht vor Vegetarismus und Veganismus nicht halt — ganz im Gegenteil.
Aber wie auch immer: Gabriele Behrends Geschichte ist kein vegan-vegetarisches Credo, keine Bibel für Fleischverweigerer. Sie zeigt eine ganz andere gesellschaftliche Alternative auf, die es heutzutage durchaus noch gibt, die auch nicht mehr seltener wird, sondern durchaus wächst: die Selbstversorgung aus dem eigenen Garten, dem eigenen Acker, für die eigenen Bedürfnisse — und die Bedürfnüsse bedürftiger Menschen, die sich nicht leisten können, die Produkte industrieller Fertigung zu kaufen und zu konsumieren.
