Traurige Gedanken

Thomas Franke, verfasst am Sonntag, 17.07.2022:

Gestern! Gestern endete das Leben meines Freundes Herbert W. Franke. Gut: er ist 95 Jahre geworden, allerdings ist ein solches hohes Alter für uns Hinterbliebene kein Grund dafür, seinen Tod weniger schmerzhaft zu empfinden.

Diese Freundschaft mit Herbert war eine besondere, eigenartig intensive, eine kreative. 1976 lernten wir einander persönlich während eines europäischen Science-Fiction-Cons im polnischen Poznań kennen. Noch in der DDR Malerei und Grafik studierend, allerdings schon im Osten wie im Westen Deutschlands als Grafiker phantastischer und surrealer Sujets bekannt, erhielt ich den Auftrag vom Verlag Neues Leben, seinen Roman »Ypsilon minus« zu illustrieren, weil die Verlagsleute wußten, daß ich im Gegensatz zu vielen Künschtelerkollegen und –kolleginnen den Mut aufbrachte, die Dystopie eines Schriftstellers aus dem Westen zu illustrieren. Gut: Ich schoß damals über die intellektuell gesetzten Grenzen hinaus, was mein Leben in diesem Land kompliziert werden ließ.

In Herberts Haus durfte ich mit meiner damaligen Frau die ersten Tage nach meinem 1984 erfolgten Hinauswurf aus der DDR unterkriechen, er hatte die DM für mich gesammelt, die ich dem Außenhandelsministerium der DDR hinterzogen hatte, als mein Hinauswurf absehbar wurde, und er lenkte unsere ersten Schritte im Güldenen Westen durch München. Die Erfahrungen, die ich dort während der ersten drei Tage machte, prägten mein darauffolgendes Leben.

Seit Ende 2014 gestalte ich die Bände seiner bei p.machinery erscheinenden SF-Werkausgabe. Bisher schuf ich die Buchgestaltungen und alles buchgestalterische Beiwerk für seine Augen und meine Bildtitel späßelten immer auch mit seinem Intellekt. Jetzt muß ich mir einen neuen so wachen, gebildeten Geist wie es der seine war und neue Augen suchen, für die ich jene Werke schaffe, denn bei dieser Arbeit schaute er mir als unsichtbarer Freund, imaginär anwesend, bisher immer über die Schulter.

Diese Suche wird sich schwierig gestalten.

Ich weine.

Mal wieder sekundär

Zur Reihe AndroSF gehören grundsätzlich auch einschlägige sekundärliterarische Titel. Bedauerlicherweise ist das Angebot hier nicht sehr breit gefächert, und natürlich gibt es auch hier Spezialisten auf dem Markt. Hier ist vor allem an Dieter von Reeken zu denken, der neben seinem literarischen eben auch einen erkennbaren sekundärliterarischen Schwerpunkt hat. Dennoch ist es uns gelungen — und das war nicht wirklich schwer –, endlich einmal wieder einen sekundärliterarischen Titel vorzulegen: Jörg Weigands Sammlung von bibliografischen Informationen zu Monografien, Erinnerungen, Festschriften etc. von und über Autoren der fantastischen Literatur. Ein kleines Nachschlagewerk … nein, ein Leitfaden — mit Raum für eigene Notizen (der war uns wichtig).

Weigand, Jörg, AUTOREN DER FANTASTISCHEN LITERATUR

Apropos Lesung

Auch Dieter Bohn hat letztens gelesen – das war schon Mitte Juni auf dem ColoniaCon 2022. Gelesen hat er aus seinem »Der Zef’ihl, der vom Himmel fiel«, schon im Juni 2021 als AndroSF 124 erschienen. Die Tonqualität ist nicht immer optimal, was an den Räumlichkeiten am Veranstaltungsort liegt, aber man kann Dieter gut verstehen. Und wer’s nicht hinbekommt, kann sich ja das Buch zulegen …

Bohn, Dieter, Der Zef’ihl, der vom Himmel fiel

 

Euer Termin für morgen

Auf der von Aiki Mira und Janika Rehak organisierten Veranstaltung Multiverse – die Vielstimmigkeit der Phantastik! lesen die Autoren in zehn- bis fünfzehnminütigen Kurzlesungen aus eigenen Romanen und Kurzgeschichten. Aiki Mira liest aus ihrem neuen Roman »Titans Kinder«, der in Kürze in der p.machinery erscheinen wird. Es gibt einen Büchertisch zum Stöbern. Weitere Details siehe unten. Die Location ist Kukoon im Park.

Auf dem Weg zum SF-Preis 2023

Aiki Mira ist kein Neuling in unserem Verlag, und ihr erster Roman in unserem Programm wurde uns von ihr selbst angetragen. Und gemeinsam mit dem Lektor Kai Beisswenger ist es gelungen – das Romanwerk, das 2023 mindestens auf den einschlägigen Nominierungslisten der ebenso einschlägigen SF-Preise (also vorrangig der Deutsche Science-Fiction-Preis [DSFP] und der Kurd-Laßwitz-Preis [KLP]) auftauchen sollte. Immerhin hat Aiki Mira mit gleich drei Kurzgeschichten 2022 schon mal ordentlich vorgelegt – und dabei mit »Utopie27« gleich beide Preise für die beste Kurzgeschichte abgeräumt. Dass wir uns das nicht entgehen lassen wollten, war keine Berechnung – aber war seinerzeit eine gute Entscheidung.

Mira, Aiki, TITANS KINDER

Nicht zu vergessen: KLP 2022

Die Gewinner sind längst bekannt. Gewonnen hat die p.machinery bzw. ihre Autoren diesmal nicht, aber immerhin haben wir zwei zweite Plätze gemacht. Man kann auch nicht immer nur gewinnen, letztlich gilt auch die Devise: »Dabei sein ist alles!« Und wir waren dabei — und freuen uns vor allem über den zweiten Platz von Hans Jürgen Kugler [»Von Zeit zu Zeit« (AndroSF 115)] beim besten Roman und den von Michael Tinnefeld und Uli Bendick bei der besten Grafik [für ihr Titelbild zu »Diagnose F« (AndroSF 138)]. In der Tabelle aller Preisträger und Platzierten sind unsere fünf Platzierungen der Einfachheit halber farblich hervorgehoben. Und der Herr Verleger hat sich zum Thema auch ausgelassen: hier.

Neuer Anschlag

Focke & Frambach … Fast könnte man es sich als Markennamen registrieren lassen. Das schreibfleißige Pärchen mit intensiver Verbindung zur Phantastischen Bibliothek Wetzlar hat erneut vorgelegt – einen neuerlichen Anschlag auf die Lesewut deutschsprachiger Fans kurzer Geschichten. Und diesmal basiert das Gemeinschaftsprojekt auf einer Idee, die Sabine Frambach schon unter dem Titel »Türen« als Band 41 der Phantastischen Miniaturen der Bibliothek veröffentlicht hat, in diesem Buch erweitert um thematisch gleich gelagerte Storys ihres Schreibpartners Kai Focke. Herausgekommen ist eine Sammlung von – sic! – Türen, Toren und Portalen in mannigfaltiger Ausprägung. Kleine, knackige Geschichten, nicht immer ganz so winzig wie die Kürzestgeschichten in den Miniaturen – es finden sich doch glatt ein paar Geschichten, die mehr als zwei Seiten lang sind –, aber immer mit mehr oder minder heftigem Augenzwinkern geschrieben und formuliert.

Frambach, Sabine & Focke, Kai, TÜREN, TORE & PORTALE