Marianne Labisch, eine der Autorinnen der Anthologie »Enter Sandman. Inspiration Metallica« (AndroSF 34), hat eine Rezension zur Anthologie geschrieben, die wir hier abbilden möchten.
Anthologie mit Geschichten, die durch die Musik von Metallica inspiriert wurden.
Vorab: Ich bin begeistert. Dieser Verlag liefert ja eigentlich immer gute Bücher ab, aber dieses stellt etwas ganz Besonderes dar. Es enthält keine einzige Geschichte, die mich gelangweilt hätte. Ganz im Gegenteil war ich erstaunt, wie unterschiedlich die Herangehensweisen sind.
Mathias Falke: Justice! Nothing Else!
Eine Inspektionscrew landet auf Frecken, einem fernen Planeten, der vom Menschen ausgeplündert wird. Mittels Schallwellen werden Bodenschätze abgebaut. Zur Begrüßung wird ein Fest veranstaltet, das einen unerwarteten Ausgang nimmt.
Mathias Falke kreiert neue Wörter, die einem beim ersten Lesen selbstverständlich erscheinen. Der Planet Frecken weckte unweigerlich Assoziationen zu Wacken, dass man durch einen Funnel gleitet wie durch einen Tunnel – vollkommen klar. Seine Ideen sind originell, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob die Erklärungen seiner Protagonisten zu den Unterschieden von Heavy Metall und Hardrock haften bleiben werden.
Marianne Labisch: Ausbruch
Hank lebt in einer Menschenverwahranstalt und ist es leid. Mit St. Anger im Ohr beschließt er sein Leben zu ändern und verlässt mit einigen anderen sein offenes Gefängnis. Sie stoßen auf ihrer Reise auf verschiedene Gruppen.
Über meinen Stil mögen andere befinden.
Enzo Asui: Das Ende einer Salatschüssel
Gernots großer Traum ist Fußball. Er würde gerne eine Meisterschüssel in den Himmel recken. Leider erweist er sich als Spieler nicht geeignet. Dennoch lässt er sich nicht von seinem Plan abhalten und schlägt die Trainerlaufbahn ein. Mehr verrate ich an dieser Stelle nicht.
Enzo Asui beschäftigt sich unaufdringlich mit Heldenmythen. Seine Botschaft kommt an.
Bettina Ferbus: Spuren im Sand
Was im ersten Moment wie ein Schlagertext anmutet, ist reinster Horror! Frank sitzt in Haft auf einem Wüstenplaneten. Dort werden die Gefangenen mit wenig Wasser und Lebensmitteln am Leben erhalten. Allerdings lauern im Sand winzige parasitäre Würmer, die dem Menschen Flüssigkeit entziehen und unweigerlich zum Tode des Wirts führen.
Bettina Ferbus beschreibt diese bedrohliche Atmosphäre so gut, dass meine Haut erst nach einem halben Tag wieder aufhörte zu jucken. Die Geschichte gehört mit zu meinen absoluten Favoriten.
Simone Wertenbroch: Prof. Dr. Hybris
Tom besucht seinen Vater im Labor, um ihm seine Verlobte vorzustellen und findet es verwüstet vor. Allem Anschein nach sind einig der vom Professor erschaffenen Wesen geflohen. Sein Vater selbst befindet sich in einem Tank und mutiert zu einem anderen Wesen. Kiemen zeichnen sich schon deutlich ab.
Simone Wertenbroch erzählt souverän und zwischen den Zeilen erkennt man ihren Sinn für Humor.
Torsten Scheib: Schwester Sexy
Ein Mann liegt mit schwersten Verbrennungen im Krankenhaus. Da er der Sohn eines wichtigen Mannes ist, wird man ihn um jeden Preis retten, ohne ihn zu fragen, was er davon hält. Wenn er zu Bewusstsein kommt, plagen ihn unerträgliche Schmerzen, die sofort mit starken Mitteln unterbunden werden.
Um seiner Erinnerung auf die Sprünge zu helfen, entführt ihn eine sexy Krankenschwester.
Torsten Scheib führt den Leser bewusst auf eine falsche Fährte, statt ihn verblüfft zurück zu lassen, führt er uns in eine Endlosschleife.
Abel Inkun: Mutter sagt …
Überlebende einer Katastrophe geraten bei der Nahrungssuche aus Versehen in einen alten Metro-Schacht und werden dort geortet. Die Oberbefehlshaberin, von allen Mutter genannt, befiehlt die Beseitigung. Mit Kampfmaschinen, den Veterans, macht er sich auf den Weg. Die Eindringlinge werden kurzerhand liquidiert. Aber damit nicht genug. Die ganze Siedlung der Pets, wie die frei lebenden Menschen genannt werden, soll dem Erdboden gleichgemacht werden. In unserem Helden regt sich Widerstand.
Abel Inkun erzählt flüssig. Seine Wortschöpfungen lassen Vermutungen über seine Einstellung zu. Nur bei den Namen der ›Pets‹, fragte ich mich, ob er gerade einen Italienischkurs belegt. Überrascht war ich über ein für diesen Autor atypisches Ende.
Frederic Brake: Rein gewaschen
Zwei Räuber werden verfolgt. Die Eigentümer des Diebesgutes geben ihnen die Chance sich zu ergeben. Die beiden nehmen diese Gelegenheit nicht wahr. Sie hoffen, zu entkommen. Allerdings setzten die Verfolger eine Bombe ab, die sie treffen wird, bevor sie den Sprungpunkt erreichen werden. Im Angesicht des nahen Todes machen sie sich gegenseitig Geständnisse.
Frederic Brake erzählt auf frische Art und gibt an, von der MegaFusion Welt beeinflusst worden zu sein. Was mich auf seinen Beitrag in der MegaFusion Anthologie, die im Oktober erscheinen soll, gespannt macht.
Sabine Frambach: Der Meister
Eine Frau befindet sich im Krankenhaus. Schon halb benebelt versuchte sie, ihren Widerstand aufrechtzuerhalten. Mit äußerster Konzentration gelingt es ihr, sich ins Bewusstsein zurückzuholen. Sie schafft es sogar von der Bahre zu flüchten, aber die Pfleger und Ärzte sind hinter ihr her.
Auch Frau Frambach führt uns genüsslich aufs Glatteis und löst überraschend auf.
Flo P. Schmidt: Wolken über Jawaigoth
Oberst Jack Razver ist mit seiner Gruppe auf einem fernen Planeten stationiert und wurde beauftragt, den Feind endgültig zu zerstören. Dieser Feind sind riesige Insekten, die in einem Lebewesen heranwachsen, das an einen kilometergroßen Kraken erinnert. Es gelingt seiner Gruppe, in diese lebende Festung zu gelangen und den Kampf aufzunehmen.
Flo P. Schmidt verarbeitete in seiner Geschichte, die für meinen ganz persönlichen Geschmack mit zu vielen Wiederholungen gespickt wurde, alle Metallica-Platten und -Titel. Mit diesem selbst-gestellten Anspruch konnte es keine Ultra-Kurzgeschichte werden. Manche Wendung, besonders zum Ende hin, erschien mir unglücklich gewählt.
Carsten Thomas: T-Ex
Ein Mann in einer Bar. Ein Tumult bricht aus. Der Mann mittendrin. Er ermordet einen Widersacher und flieht.
Carsten Thomas erzählt eine kurze, intensive Geschichte von T-Ex Kriegern.
Ich hoffe, ich bekomme einmal eine etwas längere Story von ihm zu lesen, weil ich sicher bin: Er würde auch längere Geschichten interessant erzählen.
Sven Klöpping: 150.000.000 neue Fans
Ein gewisser Mr. H. wird, zum was weiß ich wievielten Mal, neu erschaffen. Man braucht ihn. Die Welt wartet nur darauf, ihn in Konzerten zu erleben. Eine Welt Tournee ist gebucht und komplett ausverkauft. Deshalb ist das Erste, was der neu erschaffene Mr. H. machen muss: Seine Unterschrift unter die Dokumente setzen. Irgendwo anders existiert ein Mann, der aus der Zivilisation geflohen ist und im Urwald lebt.
Sven Klöpping lässt uns die ganze Zeit zwischen den Zeilen vermuten, dass der Sänger von der Masse zerrissen wird, übelste Mutanten auf ihn warten oder noch viel Schlimmeres geschehen wird. Die Auflösung hat mich überrascht und auch ein wenig enttäuscht.
Aber für jeden sieht Horror anders aus. ;-)
Hans Jürgen Hetterling: Dinge, die es nicht geben sollte
Ein Mann ist der Einladung eines seltsamen Professors gefolgt und sitzt ihm gegenüber. Der Professor will wissen, ob er es dabei hat und ihm geben wird.
Der Mann zweifelt am Verstand des alten Mannes, hört ihm aber weiter zu, als er ihm die Geschichte der Welt erzählt. Allerdings weicht diese Geschichte erheblich vom allgemein Bekannten ab und wird immer verschrobener.
Wer mehr wissen will, sollte zum Buch greifen.
Hans Jürgen Hetterling erzählt eine Geschichte, die uns in ihren Bann zieht. Obwohl er weit ausholt, wird es nie langweilig. Ein weiterer Favorit.