Gabriele Behrend
DIE LIEBESMASCHINE
und andere SF-Geschichten
AndroSF 142
p.machinery, Winnert, April 2021, 228 Seiten, Paperback
ISBN 978 3 95765 239 3 – EUR 16,90 (DE)
E-Book: ISBN 978 3 95765 856 2 – EUR 3,99 (DE)
Leiden.schaf(f)t – Dies ist die Formel, die allen vorliegenden Geschichten gleichermaßen innewohnt, eine Formel, die die zwei Seiten des Gefühls ausdrückt.
In der zweiten Sammlung der Autorin Gabriele Behrend finden sich Texte aus den Jahren 2014 bis 2019. Unter anderem auch die Story »Suicide Rooms«, die 2017 den Kurd-Laßwitz-Preis als beste deutschsprachige Science-Fiction-Kurzgeschichte gewonnen hat. Neben bereits veröffentlichten Texten finden aber auch neue Geschichten ins Buch, die so noch nicht zu lesen waren.
Eine KI als Kuppler, ein Body-Instrument, ein Kohlenstoffsammler auf dem Titan, die Suicide Rooms, ein Gehängter, eine Truckerin im All, ein Exobiologe, ein verliebter Macho, ein getriebenes Sandkorn, eine Sängerin unter Stummen, Androiden auf Selbstfindungstrip und eine alte Dame, die in der Vergangenheit lebt und lebt und lebt – das sind die Protagonisten dieser Sammlung.
Yvonne Tunnat, die Rezensionsnerdista, hat Gabriele Behrends Geschichte »Fanny nimmt sich Zeit« aus der »Liebesmaschine« besprochen:
Sprachlich
Es ist toll. Die beschreibenden Details sind super. Alleine schon die Schilderung des Asphalts am Anfang. Das ist einfach besonders. Ich würde am liebsten ganze Passagen zitieren. Und trotz der eigentlich passiven Pflanzen, die beschrieben werden, schafft die Autorin es, starke und aktive Verben zu nutzen wie „Seitlich nickten buschige Sträucher der alten Dame zu“. Über die Sprache und den Stil braucht hier niemand zu meckern.
Außerdem gelingt hier ein ganz sanfter Humor, trotz des ernsten Themas der Story.
Inhaltlich
Die Protagonistin Fanny ist 65 Jahre alt und seit elf Jahren Witwe. Ihre Trauer wird gut und anhand alltäglicher Details eingefangen. Ich bin gleich bei ihr, in ihrer mit Wut vermischten Traurigkeit, weil es sich echt und einfach authentisch liest. Zu Tode geraucht hat ihr Mann sich, der Willem, und sie nimmt ihm das übel.
Sie wird zurückversetzt an ihren Hochzeitstag, ein junger, gesunder Willem, und eine junge Fanny, mit allem noch vor ihr, nichts wissend über ihre Zukunft. Sie ist auch tatsächlich dort, vor Ort, als alte Dame, und schaut ihrem jüngeren Selbst zu.
Der Twist ist ein wenig fies – die Idee, die der alten Fanny kommt, ist nicht ganz fair. Aber es ist immerhin ein großer Eingriff in ihre Vergangenheit, der interessant zu werden verspricht.
Dann kommt ein harter Bruch und ein zweiter Teil, ich als Leserin begleite eine jüngere Fanny, die offenbar nicht in der Zeit reist. Dies ist eine andere Version von Fanny, eine, deren Leben am Hochzeitstag von der älteren, zeitreisenden Fanny beeinflusst worden ist. Eine mit Tochter, nicht die Vorversion ohne Tochter.
Doch dann gibt es noch einen dritten Eingriff, eine dritte Version von Fannys Leben.
Die B-Story ist ziemlich gut, wenn auch nicht neu. Es gibt Entscheidungen, die unseren Lebensweg stark beeinflussen, aber keine davon ist wirklich perfekt. Prämissen, wie sie auch beispielsweise in dem Roman „Die Mitternachtsbibliothek“ in verlängerter Version gibt.
In der Kürze ist es jedoch hier gut vermittelt, weshalb die Kurzgeschichte für mich ein Highlight darstellt – plus, die Sprache, es ist einfach gut erzählt und schön zu lesen.
Quelle: https://www.rezensionsnerdista.de/2022/01/06/meine-top-15-der-deutschsprachige-sf-kurzgeschichten-2021/